Vorgeschichte

m Sommer 1981 machten Mitglieder der Grünen Bürgerliste eine Radtour durch den nördlichen Landkreis Wolfenbüttel und erreichten den Schandelaher Ortsteil Wohld. Die meisten Häuser des am Rande eines Bundeswehr-Übungsplatzes gelegenen Ortes waren flache Steinbaracken. Jemand sagte: Hier soll einmal ein KZ gewesen sein! Mehr wußte er nicht. Nach und nach kam heraus, dass es sich bei den flachen Häusern um Überreste von Firmengebäuden eines ehemaligen Außenlagers des KZ Neuengamme handelte. Weitere Recherchen führten zu der Erkenntnis, dass hier NS-Geschichte verborgen war und offenbar auch verborgen bleiben sollte. Nachfragen stießen auf Schweigen oder Beschimpfungen. In Schandelah wollten Zeitzeugen nicht von einem „KZ“ sprechen, sondern lieber von einem „Ausländerlager“. Die Geschichte des KZ-Lagers und dessen Rückholung in die Erinnerung soll hier kurz dargestellt werden und als virtuelles Denkmal an die Opfer der Sklavenarbeit vor der Haustür erinnern.

Südlich von Wolfsburg liegt auf einer Länge von ca. 11 km eine bis zu 36 m mächtige Lagerstätte von Ölschiefer (Posidonienschiefer). Nach Berechnungen der Braunschweigischen Kohlenbergwerke (BKB) könnten hieraus 75 Mio. t. Schieferöl gewonnen werden. Bereits im 1. Weltkrieg hatten in der Nähe von Schandelah Produktionsversuche stattgefunden. 1943 ließ NS – Rüstungsminister Speer erkunden, ob Versuche zur Gewinnung von Öl aus Ölschiefer wieder aufgenommen werden konnten.

Im Sommer 1943 nahm der Generaldirektor der DASAG (Deutsche Asphalt AG), Prof. Solms Wittig, an einer Besprechung beim Braunschweiger Ministerpräsidenten Klagges teil. Neben Bergfachleuten traf er hier auch den Bevollmächtigten Speers, Hauptmann Krüdener. Der führte aus, dass die Weiterführung des Krieges nur durch Erschließung neuer Ölquellen möglich sei. Resultat dieser Besprechung war die Gründung der Tochtergesellschaft „Steinöl – Gesellschaft m.b.H Braunschweig“. Zur Tarnung erhielt die Firma die Bezeichnung „Kalk- und Zementwerke Schandelah“. Verträge wurden geschlossen. Die Reichsregierung garantierte eine angemessene Verzinsung der Investitionen und beteiligte sich mit 50% am Gesamtkapital. Die erforderlichen 7 – 8 Millionen RM zum Bau eines Versuchswerkes stellte die Regierung ebenfalls bereit. Im August 1944 erhielt die Anlage „Geilenberg – Priorität“. Edmund Geilenberg, der Schandelah im Spätsommer 1944 besuchte, war Generalkommissar für die Sofortmaßnhamen beim Reichsministerium für Rüstung und Produktion. Projekte unter seiner Aufsicht besaßen höchste Kriegswichtigkeit.

Da zu dieser Zeit kaum Arbeitskräfte zu bekommen waren, nahm Wittig Kontakt mit Krüdener auf, der die Bereitstellung von KZ-Gefangenen versprach. Der Bau der Versuchsanlage an der Straße zwischen Hordorf und Scheppau wurde unverzüglich begonnen. Zunächst wurden drei Holzbaracken – später wurde erweitert – für Wachmannschaften und KZ-Gefangene gebaut.