Kriegsverbrecherprozess

Am 2. Januar 1947 begann in Braunschweig vor dem Militärgericht ein Kriegsverbrecherprozeß gegen drei leitende Angestellte der ehemaligen Firma Steinöl, Prof. Solms Wittig, Dr. Otto Hefter, Hans Ohlen und Männern des Wachpersonals „wegen völkerrechtswidriger Behandlung alliierter Staatsangehöriger“. Die Männer waren: Friedrich Ebsen, Carl Truschel, Erich Arnold Jahn, Johann Heitz, Arthur Große, Herbert Schiefelbein.

Die Lokalzeitungen berichteten nahezu täglich über den vierwöchigen Prozeß und erinnerten an die im KZ geschehenen Grausamkeiten. Am 3. Februar 1947 verkündete das Gericht die Urteile. Es verhängte gegen Wittig, Ebsen, Truschel, Heitz und Grosse die Todesstrafe. Hefter und Jahn wurden freigesprochen. Ohlen erhielt eine zehnjährige und Schiefelbein eine zweijährige Gefängnisstrafe. Wittigs Urteil wandelte das Gericht in eine 20jährige Gefängnisstrafe um. Ohlen erhielt eine Verkürzung auf sieben Jahre. Ebsen, Große, Truschel und Heitz wurden am 2. Mai 1947 im Hamelner Gefängnis durch den Strang hingerichtet.

Über Ebsen sagte der Steinöl – Mitarbeiter Hartmann aus, er habe den zivilen Mitarbeitern manchmal Vorträge gehalten und die Gefangenen „als Auswurf der Menschheit bezeichnet, und jedermann solle sie als solchen behandeln“. Der Franzose Eugene Marion, im April 1944 als Mitglied der Widerstandsbewegung Maquis gefangen genommen, gehörte zu den ersten Gefangenen in Schandelah. Über Ebsen sagte er aus: „An einem Sonntagnachmittag ließ er alle Gefangenen antreten, um sie bei der Bestrafung zweier Männer zusehen zu lassen. Ebsen schlug sie bis zu 25 Mal mit einer Peitsche. Normalerweise ließ er diese Bestrafungen durch Kapos ausführen.“ Der Zeuge Leon Claude berichtete über Ebsen, er habe einen geflüchteten 18 Jahre alten belgischen Gefangenen nach der Festnahme zunächst mit der Faust und dann mit einem 4 cm starken Stock ins Gesicht und über den Kopf geschlagen: „Das Opfer brach blutüberströmt zusammen und starb am nächsten Tag, ohne sein Bewußtsein wieder erlangt zu haben.“ Um die Anlage zu sabotieren, stahl und vergrub Marion einen langen Antriebsriemen. Der Lagerälteste Hans Spinnrad malträtierte ihn deswegen einen ganzen Tag lang. Er mußte sich über einen Bock legen. Spinnrad schlug mit einem Gummischlauch zu. Fiel er vom Bock, trat ihn Spinnrad in den Rücken.

Eugene Marion erinnerte aber auch an menschliche Umgangsformen. Zeitweilig arbeitete er außerhalb des Geländes bei einer Gruppe von Wehrmachtspionieren, die Erkundungsbohrungen durchführten. Der Leiter war Hermann Fleck. Von ihm erhielt Marion jeden Tag etwas Brot und wöchentlich 3 bis 4 kg Kartoffeln. Er durfte sie braten und mit seinen Kameraden teilen. Die Soldaten des Pionier – Kommandos beschrieb er als gute Menschen, die mit anderen Gefangenen aber nicht in Berührung kamen.