NPD Kommunal 1


Bei den sächsischen Kommunalwahlen im Juni 2008 hat die NPD einen großen Erfolg errungen. Sie konnte von 1,3 auf 5,1 Prozent zulegen und in alle 10 Kreistage einziehen. Bei den Landratswahlen lag die NPD in zwei Kreisen knapp vor der SPD: Im Landkreis Görlitz mit 7,3 Prozent sowie im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 7,8.

Dieser Misserfolg der Bemühungen der demokratischen Parteien schockiert, wenn er überhaupt registriert wird.
In meiner Stellungnahme zum Ergebnis der NPD bei der Niedersächsischen Landtagswahl schrieb ich: „Man sollte die Partei nun nicht bis zur nächsten Wahl aus den Augen lassen!“

Hier lesen sie:
– Zwei Erfolge der NPD in Helmstedt
– Öffentlicher Erfolg der NPD in Wolfenbüttel

Zwei Erfolge der NPD in Helmstedt

Braunschweiger Zeitung, Helmstedt, 9. Juni 2008, Helmstedt Lokales
Linkspartei rügt Stadtempfang mit NPD-Beteiligung
„Landesausschussmitglied Karl-Heinz Schmidt geißelt Auftritt von Fraktionschef Preuß vor Jubiläums-Jahrgang des Julianums
Von Christian Franz
HELMSTEDT. Der Empfang der Stadt für den Abschlussjahrgang 1958 des Gymnasiums Julianum am vorvergangenen Freitag hat ein politisches Nachspiel. Karl-Heinz Schmidt, Helmstedter Mitglied im Landesausschuss der Partei Die Linke, kritisiert, dass außer der stellvertretenden Bürgermeisterin Margrit Niemann (SPD) der NPD-Ratsherr Friedrich Preuß an dem Empfang teilgenommen hat.

Schmidt spricht von einem „gesellschaftspolitischen Skandal“: „Während in der gesamten Bundesrepublik Neonazis und Rechtsextremisten geächtet werden, werden sie in Helmstedt hof- und salonfähig gemacht.“ Schmidt kündigt an, den Rat während der Einwohnerfragestunde in der bevorstehenden Sitzung am 19.Juni mit folgendem Fragenkatalog zu konfrontieren:
Bestätigt die Stadtverwaltung die Vorgänge?
Fürchtet die Stadtverwaltung keinen Imageschaden, wenn Ratsvertreter der NPD an Empfängen teilnehmen?
Was will die Stadtverwaltung zukünftig tun, dass solche ungeheuren Vorgänge sich nicht wiederholen?
Welche Erkenntnis ziehen die im Rat der Stadt Helmstedt vertretenden Parteien aus den Vorgängen? Sind sie weiterhin bereit sich mit dem NPD-Kader fotografieren zu lassen?

Friedrich Preuß selbst sagte auf Anfrage unserer Zeitung, dass er als Vorsitzender der NPD-Fraktion an dem Empfang teilgenommen habe. Es seien alle Fraktionsvorsitzenden eingeladen gewesen, allerdings sei nur er erschienen. „Ich bin auch gekommen, weil ich einige der Gäste von früher kenne“, sagte Preuß, wenngleich er selbst nicht das Julianum besucht habe. Das Wort ergriff er während der Veranstaltung nicht.

Preuß ist Vorsitzender der NPD-Fraktion im Rat der Stadt. Es ist die kleinstmögliche Fraktion mit zwei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden.

Linkspartei-Sprecher Schmidt protestiert gegen Preuß‘ Auftritt „auf das schärfste“. Mit dem Ratsherrn habe den goldenen Abiturienten, die aus der gesamten Bundesrepublik angereist seien, ein „landes- und bundespolitischer NPD-Kader“ gegenüber gesessen, so Schmidt. Da es sich bei der NPD um eine „verfassungsfeindliche, ausländerfeindliche und demokratiefeindliche Partei“ handle, dürfe ein demokratisches Gremium wie der Helmstedter Rat sie nicht „ungeniert auftreten lassen“, bekräftigte Schmidt. „Das ist nicht tolerant, sondern feige.“

Braunschweiger Zeitung, Helmstedt, 11. Juni 2008, Helmstedt Lokales
Streit um NPD:
„Stadt weist Vorwürfe zurück
Keine Handhabe für Ungleichbehandlung
HELMSTEDT. „Die Stadt Helmstedt hat sich keiner moralischen Verfehlung schuldig gemacht.“ So reagiert Bürgermeister Heinz-Dieter Eisermann auf den Vorwurf, die Stadt mache die rechtsextremistische NPD salonfähig. Karl-Heinz Schmidt, Mitglied im Landesausschuss der Linkspartei, hatte sich darüber beschwert, dass der NPD-Fraktionsvorsitzende Friedrich Preuß an einem offiziellen Empfang für ehemalige Abiturienten im Rathaus teilgenommen habe.

„Fakt ist, dass die NPD als demokratische Partei zugelassen und Herr Preuß als Ratsmitglied in freier, geheimer und demokratischer Wahl von den Bürgern Helmstedts in den Rat gewählt worden ist“, erklärte Eisermann gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Bei städtischen Empfängen durch den Bürgermeister oder seine Stellvertreter sei es geübte Praxis, dass die Fraktionsvorsitzenden und die Mitglieder des Verwaltungsausschusses eingeladen werden. „Sollte die Stadt der Forderung des Herrn Schmidt nachkommen, wäre dies eine Ungleichbehandlung, die Herr Preuß mit einer kommunalverfassungsrechtlichen Klage angreifen könnte. Es ist nicht Aufgabe der Stadt Helmstedt, die Verfassungsfeindlichkeit der NPD festzustellen oder so zu handeln, als wäre dieser Status höchstrichterlich entschieden worden“, stellte Eisermann klar und wies Schmidts Vorwurf entschieden zurück. mis“

Braunschweiger Zeitung, Helmstedt, 14. Juni 2008, Helmstedt Lokales
Empfang bekam bösen politischen Beigeschmack
„Zu unserem Bericht „Linkspartei rügt Stadtempfang mit NPD-Beteiligung“ vom 9. Juni: Hiermit möchte ich Bezug nehmen auf den Bericht in der Braunschweiger Zeitung, wo Herr Schmidt den Stadtempfang der „Gold-Abiturienten“ im Rathaus mit NPD-Beteiligung rügt. Herr Schmidt war ja gar nicht anwesend – im Gegensatz zu mir. Die Jubilare empfanden die Begrüßung im Rathaus als Ehre.

Leider hatte sich auch der 1. Bürgermeister, Herr Eisermann, durch Frau Niemann vertreten lassen, da er so wie auch Ratsmitglieder am Freitagnachmittag keine Zeit hatte. Herr Preuß hat meine Anerkennung erhalten, da er sich als einziger des Stadtrates die Zeit genommen hat, dabei zu sein. Schließlich war es ja auch keine politische Veranstaltung, sondern ein ehrenvolles, fröhliches Wiedersehen der Jubilare, die aus diesem Anlass aus ganz Deutschland in ihre „alte Schulstadt“ zurückkamen, um ein fröhliches Wochenende zu verleben, was auch der Stadt in vieler Hinsicht Belebung vermittelte. Niemand der Anwesenden hat sich übrigens für die politische Einstellung des Einzelnen interessiert. Wo Sie die demokratische Einstellung der Stadtverwaltung kritisieren, gebe ich die Kritik an Sie zurück. Schade, dass dieses so fröhliche Wiedersehen nach einem halben Jahrhundert so einen bösen politischen Beigeschmack durch Ihren Bericht in der Braunschweiger Zeitung erhalten hat.
Marlies van Pée, Helmstedt”

Braunschweiger Zeitung, Helmstedt, 13. Juni 2008, Helmstedt Lokales
NPD-Teilnahme sorgt für Empörung
„Schulleiter hält Begrüßungs-Praxis im Rathaus für unzumutbar – Bürgermeister will Regelung nicht ändern. Von Michael Strohmann
HELMSTEDT. Ist es Gästen der Stadt Helmstedt zuzumuten, sich von einem NPD-Politiker empfangen zu lassen – und sich nicht dagegen wehren zu können? Nein, sagt Friedrich Jungenkrüger, Leiter des Gymnasiums am Bötschenberg.

Als eine Schülergruppe aus der US-amerikanischen Partnerstadt Albuquerque gestern im Rathaus von Bürgermeister Heinz-Dieter Eisermann willkommen geheißen wurde, war – wie häufiger bei solchen Empfängen – auch der NPD-Fraktionsvorsitzende Friedrich Preuß zugegen. Das brachte Jungenkrüger nach der Veranstaltung auf die Palme. „Es ist dem guten Ruf unserer Schule abträglich, wenn unsere Gäste aus den USA von einem Rechtsextremisten in Helmstedt begrüßt werden“, erboste sich der Pädagoge. Für sein Gymnasium, das explizit den Titel „Schule ohne Rassismus“ trage, sei das eine unzumutbare Situation, die alle Bemühungen um Toleranz konterkariere.

Bürgermeister Eisermann hatte Anfang der Woche nach einer Kritik der Linkspartei an der Teilnahme der NPD an städtischen Empfängen dargelegt, dass eine Ungleichbehandlung der rechtsextremen Partei nicht möglich sei. Sie habe im aktuellen Rat Fraktionsstatus und da alle Fraktionsvorsitzenden eingeladen würden, könne man Friedrich Preuß nicht ausschließen, ohne ein juristisches Risiko einzugehen.

„Es ist dennoch eine unangenehme und belastende Situation“, meint Ulrich Dirksen (FDP). „Wir sollten die Einladungspraxis über die Fraktionsgrenzen hinweg auf den Prüfstand stellen.“ Vielleicht könnten alle kleinen oder sogar sämtliche Fraktionen darauf verzichten, zu Empfängen von Gästegruppen eingeladen zu werden. Würde die Praxis dahingehend geändert, entfiele das Thema Ungleichbehandlung.

Das Bürgerforum, dem auch Eisermann angehört, hält nichts von solch einem Vorstoß im Rat. „Wir würden die Sache nicht so hoch aufhängen“, sagt Lothar Wien. Das Problem gäbe es im Übrigen nicht, wenn sich der Bund zu einem Verbot der NPD durchringen könnte, meint Wien. Und für die Kritik der Linkspartei habe er kein Verständnis. Es gebe keine Berechtigung für Vertreter dieser Partei, mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Eisermann hält fest an seiner Stellungnahme vom Wochenanfang. „So lange die NPD als Partei zugelassen ist, kann es nicht Aufgabe einer Kommune sein, sich Tricks einfallen zu lassen, um sie von der öffentlichen Bühne fernzuhalten.“ Eine Einschränkung der Einladungsliste, zum Beispiel auf Verwaltungsausschussmitglieder mit Stimmrecht, komme daher für ihn nicht in Frage.“

NPD-Taktik
Der NPD-Bundesvorsitzende hat 1996 die „Drei-Säulen-Strategie, den Kampf um die Köpfe, den Kampf um die Straße und den Kampf um die Parlamente“ entwickelt.
Friedrich Preuß hat sich mit seinen aktuellen Auftritten genau an diese Strategie gehalten und die zweite Säule „Kampf um die Köpfe“ erfolgreich verwirklicht:

NPD-Säule 2: “Kampf um die Köpfe“
Der Terminus „Kampf um die Köpfe“ umschreibt die Strategie, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs zu gewinnen und politische Begriffe mit rechtsextremistischen Inhalten zu besetzen. Durch die Beteiligung an Kinderfeiern, lokalen Bürgerinitiativen und jugendspezifische Werbekampagnen versucht sich die NPD im vorpolitischen Raum zu verankern.“
(Quelle: Niedersächsischer Verfassungsschutzbericht 2007)

Öffentlicher Erfolg der NPD in Wolfenbüttel

Der NPD-Kreistagsabgeordnete Molau hat durch das Verhalten des Kreistages und des Landrates gegenüber dem von ihm zur Kreistagssitzung am 26. Mai einen bis in die Öffentlichkeit durchdringenden (kleinen) Erfolg errungen, indem er die Strategie der zweiten „Säule“ anwandte.

Für die Tagesordnung beantragte er den Punkt:
Test der Vierjährigen im Landkreis auf Sprachentwicklungsstörungen
Der Landkreis soll in Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen des Landkreises einen geeigneten Sprachtest für Vierjährige erstellen und zur Durchführung bringen.

Molaus Begründung:
„Sprachentwicklungsstörungen nehmen, etwa durch vermehrten Medienkonsum der Kinder sowie Kommunikationsdefiziten, zu. In verschiedenen Kreisen der Bundesrepublik Deutschland werden deshalb bereits Förderprogramme aufgelegt.
Ein Sprachtest könnte zunächst das Problem für den Landkreis evaluieren. Aus den Ergebnissen dieser Erhebung könnten dann geeignete Maßnahmen ergriffen werden.“

Der Tagesordnungspunkt wurde an 13. Stelle aufgerufen. Warum dann nicht so vorgegangen wurde, wie mit anderen Tagesordnungspunkten, ist aus Sicht des Beobachters kaum zu beurteilen, da ja nicht bekannt ist, welche Vorgehensweise im Vorfeld durch Landrat und Fraktionen abgesprochen worden war. Jedenfalls trat Landrat Röhmann ans Mikrofon und gab eine ausführliche Stellungnahme über die Situation im Landkreis ab. Er empfahl die Ablehnung des Antrages, da schon genügend Programme zur Sprachförderung im Landkreis bestehen.
Das Kreistagsprotokoll vermerkt: „KAbg. Molau erklärt, dass die von Landrat Röhmann dargelegten Maßnahmen der Sprachförderung ausreichend seien und zieht seinen Antrag zurück.“ Damit war die Sache zunächst erledigt.

Da nun aber so eine ausführliche Stellungnahme des Landrates zur Sprachförderung eine Nachricht für die Öffentlichkeit ist, berichtete darüber die Braunschweiger Zeitung und erwähnte im letzten Satz, der Anstoß sei von dem „NPD-Kreistagsabgeordneten Molau“ gekommen.

Ein Erfolg für Molau, über dessen Kreistagsaktivität nun im Zusammenhang mit einer Thematik berichtet wurde, die für manche junge Eltern durchaus interessant sein kann und deutlich macht, dass sich die NPD offenbar um Belange von Bürgerinnen und Bürgern kümmert.

Eine andere Taktik des Landrates, der mit seiner ausführlichen Stellungnahme Molau diesen Erfolg erst ermöglicht hat, wäre im Sinne einer Bekämpfung der NPD sicher erfolgreicher geworden.

Es hätte bessere Möglichkeiten gegeben, Molau zu begrenzen:
– Der Landrat hätte eine schriftliche Antwort anbieten können.
– Der Kreistag hätte den Antrag in den zuständigen Ausschuß verweisen können und ihn dort mit der knappen Erklärung, die Sprachförderung im Landkreis sei ausreichend, ablehnen können. Damit wäre auch die Pflicht der Berichterstattung der Presse weggefallen.

(Übrigens: Aus meiner Zeit als Kreistagsabgeordneter der Grünen Bürgerliste ab 1981 erinnere ich mich noch gut an begrenzende Taktiken von SPD und CDU, unsere damaligen Anträge sang und klanglos in die Versenkung zu schicken. Damals hatte man kaum Skrupel.)

Auf meinen Vorschlag, gleich nach der Kommunalwahl 2006 den Kreistagsfraktionen unterbreitet, sich von Fachleuten über den Umgang mit der NPD auf kommunaler Basis zu informieren und daraus Verhaltensweisen abzusprechen, sind die Politiker nicht eingegangen. Aber: Wer sich nicht klug macht und sich nicht über die NPD informiert, kann auch nicht erfolgreich gegen sie agieren.

Der Vollständigkeit halber hier der Artikel aus der BZ vom 6.6.2008:

Keine zusätzlichen Sprachtests
Landrat: Wirkungsvolle Sprachförderung im Kreis
Von Karl-Ernst Hueske

WOLFENBÜTTEL. Mit Sprachentwicklungsstörungen bei Kleinkindern beschäftigte sich der Kreistag auf seiner jüngsten Sitzung. Landrat Jörg Röhmann berichtete, dass eine genaue Feststellung der Sprachentwicklungsstörungen bei Vierjährigen nur mithilfe von verpflichtenden Sprachtests genau ermittelt werden könne. Hierfür sei der Landkreis jedoch nicht „rechtssetzungsbefugt“.
Ihm sei bekannt, dass 5 Prozent der Lernanfänger des Schuljahres 2006/7 eine Empfehlung erhalten hätten, einen Arzt zur Behandlung von Sprachauffälligkeiten aufzusuchen. Zudem befänden sich 10 Prozent jedes Grundschuljahrganges in logopädischer Behandlung. Im Kreis würden bereits mehrere Instrumente zur Sprachförderung eingesetzt, berichtete der Landrat. Er wies unter anderem auf das regionale Konzept zur Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache im Elementarbereich hin, auf das Würzburger Trainingsprogramm, mit dem Kindergartenkinder auf das Lesen- und Schreibenlernen vorbereitet werden, auf den Sprachfeststellungstest ein Jahr vor der Einschulung sowie freiwillige Kindergartenuntersuchungen und Sprachheilsprechtage im Gesundheitsamt. Röhmanns Fazit lautete: „Schon jetzt bestehen zahlreiche wirkungsvolle und flächendeckende Programme zur Sprachförderung im Landkreis.“ Angestoßen hatte die Aussprache der NPD-Kreistagsabgeordnete Andreas Molau mit seinem zurückgezogenen Antrag, Sprachtests für Vierjährige zu veranstalten. en für kommunale Politik und lokale Demokratie

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