Quellenlage

Kritik verboten?

Das Buch enthält einen umfangreichen Beitrag über das Konzentrationslager Schandelah. Er enthält eine ganze Reihe von Zitaten aus meiner KZ-Schandelah-Darstellung auf dieser Website, speziell aus den von mir übersetzten Texten der Prozeß-Protokolle. Aber auch andere meiner Texte sind von ihm berücksichtigt worden.
Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn meine Texte zitiert werden. Da Kiekenap diese Quellen aber mehr als unvollständig und oberflächlich angegeben hat, bat ich ihn, bei einer möglichen Neuauflage diese Angaben zu ergänzen. Es handelt sich vor allem um folgende Anmerkungen:

105, „Internet: Spurensuche Wolfenbüttel“
290, Internet (NS-Spurensuche, Vorgeschichte)
293, siehe 5. Prozesstag, Seite 3 im Internet unter NS-Spurensuche
299, Internet; NS-Spurensuche, 6. Prozesstag, Seite 5
Im englischen Originaltext befindet sich diese Aussage „Da ich auch die Buchhaltung der Praxis geführt habe, weiß ich, dass mein Vater für seine Besuche im SS-Lager kein Geld erhalten hat.“ Auf der Seite neun. Meine nicht wortwörtliche Übersetzung lautet: „Da ich auch die Buchhaltung der Praxis geführt habe, weiß ich, daß mein Vater für seine Besuche im SS-Lager kein Geld erhalten hat.“
Aus dem Archiv der SNG Celle (siehe unten) habe ich die Information erhalten, dass die Prozessunterlagen dort nur im englischen Original vorhanden sind. Sollte Kiekenap diese (und andere) Stellen nun genau wortgleich (mit meinen Übersetzungen) übersetzt haben, wäre das ein fulminanter Zufall.
300, Ebenda, „Sterben“.
301, Ebenda, 6. Prozesstag, Seite 6.
Diese Anmerkung bezieht sich auf eine Aussage zur Exhumierung. Sie ist unter Auslassung eines Satzes wortwörtlich von mir übernommen worden. Ähnlich verhält es sich mit anderen Texten.
302, Ebenda, 3.Prozesstag, Seite 1 und 4.Prozesstag, Seite 3.
303, Ebenda, 7. Prozesstag, Seite 2.
304, Ebenda, 4. und 5. Prozesstag, Seite 2 und 1.

Einige dieser Quellenangaben tragen den Zusatzhinweis auf die SNG Celle (Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten Celle) Es wird ersichtlich, dass die Quellenangaben willkürlich erfolgt sind. Ich habe Herrn Kiekenap um Übernahme dieser Quellenangabe gebeten: „Internet: NS-Spurensuche.de, KZ-Schandelah, Jürgen Kumlehn, Wolfenbüttel.“

In der Anmerkung 104 erinnert Kiekenap an den ehemaligen Präsidenten des Regierungsbezirks Braunschweig, Friedrich A. Knost. Die dortigen Informationen sind ohne Quellenangabe. Auch andere Angaben zu Internetquellen sind willkürlich ohne System:

125, Horst Adler „Schweidnitz in den Jahren 1934 – 1935“, Seite 23, (Internet). Ein angemessener Eintrag wäre mindestens dieser gewesen: www.schweidnitz.net/ahnen/adler
151, (siehe Internet: Einbürgerung Adolf Hitlers) Ein ungenügender Hinweis. Sucht man bei Google mit dem Text „Einbürgerung Adolf Hitlers“ erhält man mehr als 16.000 Einträge.
363, „Die nachfolgenden biografischen Angaben über die SS-Offiziere, die an der Junkerschule in Braunschweig tätig gewesen sind, stammen überwiegend aus dem Internet Googgle.“
372, www.geschichtsthemen.de/massaker von Tulle 1944.htm. Benutzt man diese Adresse, erhält man gar nichts.
Fazit dieser Stichproben: Kiekenap hat die Angaben wahllos formuliert.
Dafür enthält sein Buch auf Seite 204 diesen Text:

„7.0 Hinweise zur Quellenlage
Ausgehend von der vorhandenen Quellensituation war es vielfach erforderlich, auf Informationen des Internets, insbesondere auf die Enzyklopädie „Wikipedia\“ zurückzugreifen. In vielen Fällen war der Bearbeiter der entsprechenden Veröffentlichung nicht angegeben, oder der Autor konnte, was seine wissenschaftliche Qualifikation angeht, nicht eingeordnet werden. Im Zweifel muss daher quellenkritisch hinterfragt und geprüft werden, ob die Internetquellen unter wissenschaftlicher Betrachtungsweise vertrauenswürdig und als Quelle geeignet sind.

Auch die zitierten Aussagen der Zeugen für SA, SS und der angeklagten Einzelpersonen vor dem Alliierten Militärgerichtshof in Nürnberg sind teilweise subjektiv eingefärbt oder sogar unwahr und daher nur mit gewisser Vorsicht zu werten. Über die juristische, moralische und politische Problematik der Nürnberger Prozesse (Siegerjustiz, keine Strafe ohne Recht, siehe: Europäische Menschenrechtskonvention. Artikel 7) wurde und wird viel diskutiert, jedoch sind sinnvolle Gegenvorschläge bisher auch nicht gemacht worden. Jedenfalls war die deutsche Justiz aus verschiedenen Gründen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren nicht in der Lage, ein derartiges Mammutverfahren durchzuführen und die zahlreichen Nazitäter einer gerechten Bestrafung zu unterwerfen. Als „Gegenentwurf\‘ wäre da nur ein revolutionärer Aufbruch des gesamten deutschen Volkes mit entsprechender Selbstjustiz denkbar gewesen. Das unterblieb jedoch aus Orientierungslosigkeit, Kraftlosigkeit, Unsicherheit und Desinteresse („Das haben wir noch nie so gemacht!\“)“.
(…)

Auf dem Hintergrund dieser Aussage „In vielen Fällen war der Bearbeiter der entsprechenden Veröffentlichung nicht angegeben, oder der Autor konnte, was seine wissenschaftliche Qualifikation angeht, nicht eingeordnet werden.“ erscheint es mir unverständlich, dass Kiekenap ausgiebig Texte aus dem Internet zitiert, deren Quellen unvollständig angibt, und dann die Seriosität der Autoren infrage stellt. Mit seinem hohen Wissenschaftlichkeitsanspruch hätte er diese Texte dann doch gar nicht zitieren dürfen. Und: Sollen die Leser seines Buches seine Quellen dann „quellenkritisch hinterfragen“? Ist das nicht Aufgabe des Autors?

Kritik verboten?

Am 31.12.2008 schickte ich Herrn Kiekenap diesen Brief:

„Sehr geehrter Herr Kiekenap,
mit Interesse habe ich Ihr neues Buch gelesen und mich gefreut, dass Sie zum ehemaligen KZ Schandelah auch aus meiner Website zitiert haben. Leider haben Sie die Quelle nicht so angegeben, wie ich es mir gewünscht hätte. Nur \“Internet\“ und \“NS-Spurensuche\“ und manchmal nur \“Spurensuche\“ ist doch ein wenig oberflächlich. Richtiger aus meiner Sicht wäre gewesen: \“Internet: NS-Spurensuche.de, KZ Schandelah, Jürgen Kumlehn, Wolfenbüttel\“.

Ihre \“Hinweise zur Quellenlage\“ empfinde ich als recht eigenartig. Wenn Sie sich der Richtigkeit von Internet-Quellen nicht gewiß sind, sollten Sie sie lieber nicht zitieren. Das gilt besonders für \“Wikipedia\“, das ich als Quelle nie verwende, das kann aber nicht für meine Texte gelten, die Sie mit Ihren zweifelnden grundsätzlichen Anmerkungen auch in Zweifel ziehen.
Sollt es zu einer Neuauflage des Buches kommen, bitte ich Sie, die aus meiner Quelle zitierten Texte entweder nicht mehr zu verwenden, oder sie mit der obigen Angabe zu vermerken, aber ohne sie in Zweifel zu ziehen.
Freundliche Grüße“

Per Email erhielt ich am 4. Januar diese Antwort:

„Hallo, Herr Kumlehn,
Ihren Brief vom 31.12.2008 habe ich erhalten. Sollte das ein Sylvesterscherz sein, oder denken sie wirklich so, wie man Ihrem Schreiben entnehmen kann? Keine Erwähnung über die Qualität meines Aufsatzes über Schandelah, sei sie positiv oder negativ, habe ich gefunden und auch keinen Hinweis darauf, dass Sie viel Neues erfahren haben (Bild von Solms Wittig, Einschätzung seines Charakters nach Angaben seiner Angehörigen, Todesdatum, Tätigkeit wieder bei der DASAG nach Freilassung. Stellung von Alfred Kubel, mit dem ich sehr befreundet gewesen bin und oft über Wittig und die Deutsche Asphalt gesprochen habe). Er legte großen Wert darauf, mich zu überzeugen, dass er auch von der Leitung einer größeren Bauunternehmung etwas verstehen würde. Solms Wittig habe ich etwa 1962/63 kennengelernt, als es um die Frage ging, in der Ortslage Seesen im Bereich der Fußgängerüberwege weißen Gussasphalt einzubauen. Später habe ich ihn dann aus den Augen verloren. Enger Freund von Wittig ist der Ministerialrat Bernhard Klaue gewesen, wie Wittig \“Braunschweiger Germane\“, der die Grabrede gehalten hat, die mir in den nächsten Tagen zugestellt werden wird. Auch ich selbst hatte zeitlebens zur Familie Klaue ein freundschaftliches Verhältnis. Uns verband besonders, dass wir beide \“echte\“ Braunschweiger waren.

Über Schandelah habe ich erstmalig als Lokalreporter in der BZ vom 9.10. 1948 einen größeren Aufsatz mit Bild vom Schwelofen veröffentlicht. Dieser Artikel liegt in der Celler Gedenkstätte vor.
Nun kommen Sie her und wollen einem Professor einer renomierten deutschen Universität Zensuren (\“ein wenig oberflächlich\“)erteilen, was Ihnen nicht zusteht und von mangelndem Respekt gegenüber der Wissenschaft zeugt. Nachhilfe wollen Sie mir erteilen, wie ich mit der wissenschaftlichen Bewertung von Internet – Beiträgen zu verfahren habe, wobei Sie davon ausgehen, dass Ihre Beiträge selbstverständlich das Prädikat \“wissenschaftlich\“ verdienen.

Warum zitieren Sie meine Anmerkungen unter 290),299) und 300) (Seite 246) unvollständig? Dort steht jedesmal auch: SNG Celle. Dort habe ich mehrere Tage geforscht und vom Prozess fast 300 Seiten Kopien angefertigt. Danach habe ich gearbeitet und den Hinweis auf NS – Spurensuche nur gemacht, um meinen Lesern auch andere, wenn auch unvollständige Quellen, zugänglich zu machen. Sie referieren nach sieben Prozesstagen, obgleich Sie wissen, dass es über 20 Tage gewesen sind.

Kein Wort finde ich bei Ihnen, über die Berechtigung des Todesurteils gegen Solm Wittig. Haben Sie dazu keine eigene Meinung? Ich werde Ihren Brief zum Anlass nehmen, bei einer weiteren Auflage den Hinweis auf die \“NS – Spurensuche\“ ersatzlos zu streichen. Meine Fundstelle ist mit \“SNG Celle\“ hinreichend beschrieben und mit der Streichung erledigen sich alle weiteren Fragen.

Ich will und werde mit Ihnen jetzt keine Diskussionen oder Streitgespäche über Schandelah beginnen: Dazu habe ich weder Lust noch Zeit. Mit einem Brief oder einer weiteren Mail von mir können Sie nicht rechnen.

Freunde, mit denen Sie in der Angelegenheit August Winnig Auseinandersetzungen hatten, haben Sie als unverträglich und frei von Selbstkritk bezeichnet. Ich habe in meiner Blankenburger Wohnung fast alle Bücher von Winnig, in denen ich regelmäßig lese. Er hatte immerhin so viel Einnahmen aus Tantiemen, dass er sich in Potsdam und später in Wöltingerode ein Haus bauen konnte. Und die Universität Göttingen hätte ihn nie in der Nachkriegszeit zum Ehrendoktor machen können, wenn er ein Nazi gewesen wäre; nominell war er das sowieso nicht! Für mich sind diese Vorgänge nun erledigt. Alles, was gesagt werden musste, ist gesagt.
Bernhard Kiekenap aus Schapen.“

Dieser Brief muß nicht kommentiert werden. Zwei Hinweise seien mir erlaubt:
– Heinrich Heines Gedicht zu Beginn dieser Ausführungen.
– Ein paar Zitate aus Texten des von Herrn Kiekenap so geschätzten August Winnig .