Spurensuche, immer noch?

Auf dem Mond, auf dem Mars und in der Weltall-Umlaufbahn hat die Erdbevölkerung seit der 1960er Jahre eine Riesenmenge an Spuren hinterlassen. Schon vor weit mehr als 10.000 Jahren haben die ersten Menschen Spuren erzeugt, von denen heutzutage (2021) immer noch durch Zufall oder durch gezielte Suche Artefakte – oder Knochen – gefunden werden. In den Fernsehprogrammen kann man fast täglich Dokumentationen über die Ausgrabungen und Forschungen zu den ägyptischen und südamerikanischen Pyramiden und z.B. auch der imposanten Bauwerke der Azteken in oder vieler Völker und Kulturen in der gesamten Welt betrachten. Viele dieser bewundernswerten Kulturen der vergangenen tausenden von Jahren sind vor allem von christlich gesinnten Missionaren und Kolonisatoren aus Europa zerstört worden; aus Goldgier, Gier nach Landbesitz, Macht und anderen Gewinnen wurden gezielt Millionen von Menschen in Afrika, Südamerika, Nordamerika mit Massakern und Völkermorden aus ihren Heimaten getilgt.

Die christlichen „Kirchen“ haben diese Verbrechen im Namen eines irgendwann „entdeckten“ „Gottes“ und seines „Menschensohnes“ nicht nur toleriert, sondern sie selber auch gefordert und zum Teil auch selbst begangen. Diese Zeiten sind immer noch nicht vorbei. Schauen Sie sich mal Kriegerdenkmäler an, die nicht selten gleich neben Kirchen errichtet worden sind. Die Kirchen europäischer Länder haben ihre nationalen Soldaten im Namen Gottes auf die der Feindländer gehetzt – und anders herum. Aktuell versuchen christliche Kirchen immer noch Spuren des vergangenen Missbrauchs von Kindern durch Berufschristen zu verheimlichen, zu verstecken oder sie auf andere Weise der Öffentlichkeit fernzuhalten; wobei Spuren des Missbrauchs von Kindern der letzten Jahrhunderte bisher noch kein Thema geworden ist. Für mich sind Teile dieser Kirchen als kriminelle Vereinigungen anzusehen, die verboten werden müssen; siehe aktuell Frankreich 2021.

Nicht nur die Landmassen der Erde bergen Spuren menschlichen Handelns, sondern auch die Weltmeere, die Ozeane. Hier sind noch viele Spuren zu bergen: In der Nordsee, im Atlantik und im Pazifik untergegangenen U-Boote, Kriegsschiffe und Passagierschiffe aus mehreren Jahrhunderten. Alle paar Wochen hören wir von nach 80 Jahren gefundenen Bomben aus dem Luftkrieg des Zweiten Weltkrieges, die entschärft werden müssen. Ein Bombenentschärfer sagte mir neulich (Oktober 2021), diese gefährlichen Kriegslasten würden die Menschen in Deutschland und Europa noch die nächsten 400 Jahre beschäftigen.

Als ich Ende der 1980er Jahre damit begann, Spuren nationalsozialistische Geschichte verbunden mit der Aufklärung des Schicksals jüdischer Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler im Staatsarchiv Wolfenbüttel zu suchen, erhielt ich zunächst die Auskunft, das lohne sich nicht, da es kaum Dokumente usw. dazu gäbe. Die Suche sei eigentlich sinnlos. Meine seit 2009 erschienenen Bücher zur jüdischen Geschichte Wolfenbüttels und viele anderswo erschienene Texte, zum Beispiel auf dieser Website, beweisen das Gegenteil. Die Geschichtsschreibung in der Region Braunschweig birgt inzwischen immens viele Publikationen; aber es gibt immer noch wieder neue Themen, die erforscht werden müssten. Nicht alle Spuren sind bisher erschlossen. Wenn ich gefragt werde, ob es denn nun mit der Erforschung der nationalsozialistischen Vergangenheit Wolfenbüttels genug sei, antworte ich: Ich benötige noch fünfzig Jahre, um alles aufzuklären.

Es gibt auf dem Erdball keinen Ort ohne Spuren der Menschheitsgeschichte.

Aktuell wird endlich seit einiger Zeit, ausgelöst auch durch die Diskussion um den Bau des Berliner Humboldtzentrums, intensiv über Spuren der deutschen Kolonien in Museen und Archiven berichtet und diskutiert; über das meistens geraubte Kulturgut afrikanischer und anderer Völker. Das kulturelle Erbe Afrikas soll sich zu 80-90 % in Europe befinden.

Die Öffentlichkeit erreichen zunehmend Informationen über deutsche Kolonien, die bisher verborgen gehalten wurden. Ich erfahre, dass der deutsche Kolonialismus verantwortlich ist für den „ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts“. Massaker, Kunstraub, Menschenverachtung und „Leichenfledderei“ in Namibia sollte in der deutschen Öffentlichkeit inzwischen ein gewisses Maß an Kenntnis erreicht haben. So gut wie nicht bekannt ist jedoch der von 1905 bis 1907 von der deutschen Kolonialherrschaft in „Deutsch-Südwest-Afrika“ – heute Tansania – gegen die Bevölkerung geführte Krieg. Diese als „Maji-Maji-Aufstand“ bezeichnete Erhebung der ostafrikanischen Bevölkerung gilt als einer der größten Kolonialkriege in der Geschichte des afrikanischen Kontinents. (Wikipedia) Der Krieg fiel in die Zeit des Präsidenten der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ (von 1895 bis 1920), Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg (1857-1920). Jener Mann des Adels, von der Braunschweiger Zeitung in einem ausführlichen Artikel (7.9.2020) als einer der wichtigsten Kolonialpolitiker bezeichnet, regierte von 1907 bis 1913 als Regent das Herzogtum Braunschweig. Er gehörte mit seinen rassistischen Ansichten zum radikalen äußersten rechten Rand des damals allgemein üblichen „Rassismus“.

Deutschland war immerhin die viertgrößte Kolonialmacht in der Welt. Die Kolonien trugen diese Namen: Deutsch-Neuguinea, Deutsch Ostafrika, Deutsch Südwestafrika. Die deutsche Kolonial-Geschichte wird uns im kommenden Jahrzehnt sehr beschäftigen.

1907 besuchte dieser „Top-Lobbyist des deutschen Kolonialismus“ Wolfenbüttel. In Afrika wurden Berge, Straßen und sogar ein Hafen nach ihm benannt.

Im erst vor einigen Jahren eröffneten „Bürger Museum“ findet man Fotos dieses arroganten Ungetüms über seinen Besuch in der Landmaschinenfabrik Welger. Meine mehrfach mitgeteilten Hinweise, diesen Mann nicht weiterhin durch eine freundliche Dokumentation in der Lessingstadt Wolfenbüttel zu ehren, blieben bis jetzt (11/2021) erfolglos. Zustande gekommen ist diese skandalöse Darstellung durch angeblich wissenschaftlich arbeitende Historiker der Stadt Wolfenbüttel, die eine genaue Spurensuche offenbar für nicht notwendig halten oder dafür die Kompetenz nicht besitzen.

Sein Halbbruder, Adolf Friedrich, Herzog zu Mecklenburg (1973-1969), war Gouverneur der Kolonie Togo. Während seiner Amtszeit gehörten Zwangsarbeit und die Prügelstrafe zum Alltag der togolesischen Bevölkerung. Er wurde dann Vizepräsident der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ und agierte während des Dritten Reiches eng mit bekannten Nationalsozialisten. Von 1926 bis 1956 war Adolf Friedrich Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees und 1949 bis 1951 Präsident des Olympischen Komitees für Deutschland.

Ich biete Spurensucherinnen und Suchern mein umfangreiches Archiv an, das durch meine seit der 1980er Jahre begonnenen lokalen Forschungen entstanden ist. Auch hier kann Spurensuche betrieben werden. Informationen dazu finden Sie unter dem Menüpunkt „Heimatarchiv“.

Aus einer gemeinsamen Initiative des CDU-Landtagsabgeordneten Frank Oesterhelweg und mir entstand 2017 ein Antrag der CDU-Kreistagsfraktion, im Landkreis Wolfenbüttel ein „Heimatgeschichtliches Archiv“ zur Aufnahme von Sammlungen und Archiven ehrenamtlich oder privat tätiger Heimatforscher einzurichten. Dieses Magazin soll verhindern, dass private Sammlungen als Nachlässe entsorgt werden – was immer wieder schon geschehen ist. Leider ist nicht abzusehen, wann und ob überhaupt diese wichtige Institution verwirklicht werden kann. Die Mehrheitspolitik im Kreistag scheint entweder nur ein geringes oder gar kein Interesse an der Verwirklichung zu haben.

Meine Hoffnung ist sehr gering, dass mein Archiv dort einst aufgenommen werden kann. Darum bin ich nun auf der Suche nach Interessenten möglichst in der Region Braunschweig, die das gesamte Archiv oder Teilsammlungen aufnehmen könnten.